Alarmierender Trend für Arbeitgeber: Arbeitnehmer wechseln häufiger und gezielt ihre Stelle und damit ihr Unternehmen, um den Aufstieg auf der Karriereleiter zu beschleunigen. Gute Chancen sehen Angestellte offensichtlich oft woanders als da, wo sie derzeit sind. Dabei scheint ihnen sogar schnurz zu sein, wenn sie im aktuellen Job zufrieden sind. Kurzum: Unternehmer, Manager und verantwortliche Vorgesetzte erhalten von ihren unverstandenen Untergebenen auf dem Zeugnis je eine Sechs in drei Fächern: in Wertschätzung/Einschätzung des Potenzials ihres Personals, in Anlegen/Aufzeigen von Perspektiven für Weiterentwicklungswillige sowie in Entwickeln/Umsetzen von Eigenmarketing als Arbeitgebermarke.
Trotz der angespannten Wirtschaftslage glaubten ganze 56 Prozent der Befragten, dass sie bei einem Jobwechsel bessere Konditionen mit ihrem neuen Arbeitgeber aushandeln könnten. Dies fand jüngst der Personaldienstleister Kelly heraus, der immerhin pro Jahr schlappe 5,6 Milliarden US-Dollar mit seinen Services umsetzt, und für seinen aktuellen “Global Workforce Index” nahezu unvorstellbar viele, nämlich 170.000 Menschen in 30 Ländern befragte; davon mehr als 4.000 in Deutschland. Dabei ermittelt die Studie unter anderem “Ansichten von Teilnehmern im Arbeitsmarkt zu Arbeit und Arbeitsplatz”. Die hoffentlich quietschvergnügte und quasi Kelly-Family, in der die Belegschaft dann womöglich auch nicht zusammengeschweißt an seinem Gehaltsabsender klebt wie Pattex, warnt angesichts eines Umfrageergebnisses selbst vor der vermeintlich in sich ruhenden Crew: Mitarbeiterzufriedenheit sei kein Garant für eine dauerhafte Bindung an das jeweilige Unternehmen.
Wer sein Fortkommen im Beruf selbst voranbringen möchte, plane bewusst die nächsten Schritte, wozu eben auch der Jobwechsel gehöre. Denn dies ermögliche Arbeitnehmern “das Sammeln von Erfahrungen in einem möglichst breiten Spektrum”. Für Arbeitgeber bedeute es, “dass sie rechtzeitig darüber nachdenken sollten, ob und wie sie ihre unternehmenseigenen Förderprogramme gestalten und ausbauen”, um die Bindung zu stärken. Mehr als die Hälfte der Arbeitnehmer sucht selbst dann aktiv nach einem neuen Job, wenn sie sich mit ihrer aktuellen Tätigkeit weitgehend wohl fühlt. Lediglich 19 Prozent glaubten zum Zeitpunkt der Befragung daran, dass sie bei ihrem gegenwärtigen Arbeitgeber bis Ablauf des nächsten Jahres die Chance bekommen, sich bezüglich ihrer Position, ihrer Kompetenzen oder der materiellen Vergütung zu verbessern. Schlimmer noch: Über die Hälfte der Befragten geht nicht davon aus, dass ihr aktueller Arbeitgeber ihr wahres Potenzial zu schätzen weiß oder erkennt.
Den Untersuchungsergebnissen möchte ich mit eigenen Berufserfahrungen im Kurzablauf entschieden beipflichten: Mit meinen Schwächen (selbstständig, motiviert, wechselwillig) stets verkannt, glücklos auf Ausschau nach Mentoren, eher zufällig befördert in Verantwortung und leider zu selten bei modernen Auftraggebern mit zeitgemäßer Personalentwicklungsstrategie. Jeder von uns hat sicher schon Haarsträubendes erlebt etwa in Vorstellungsgesprächen. Ich erinnere mich auf die Schnelle an ein vierköpfiges Kommittee einer Krankenkassenzentrale, das danach die Absage mit meiner Initiative zur Gesprächseröffnung begründete, oder an das Geschäftsführungsduo eines Bildungsträgers, das mir angesichts zweier vorheriger Wechsel nach je vier Jahren ein “Jobhopper”-Gehabe unterstellte. Ganz anders sieht das doch in den Top-Etagen angesehener Verlagshäuser aus, wie der nachfolgende Bewerbungsmonolog veranschaulicht (prima Gesichter der “Welt”-Chefriege und toller Auftritt von “absatzwirtschaft”-Autor Hans Zippert):
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